Übersicht (um zu einem Bibel-Impuls zu gelangen, bitte klicken, gerne auch im Archiv)
Warum sollen die Gläubigen auf den Gottessohn Jesus hören?
Bild: Die Kirche feiert das Fest „Kreuzerhöhung“ am 14. September (historisch aus Anlass des Wieder-auffindens des Kreuzes Jesu). Das Evangelium dazu ist Joh 3,13-17: Jesus setzt die Erhöhung der Schlange in der Wüste durch Mose mit seiner eigenen „Erhöhung“ am Kreuz gleich (V.14). In der Präfation heißt es: „Du (Gott) hast das Heil der Welt auf das Holz [hebr. ez = Baum] des Kreuzes gegründet. Vom Baum des Paradieses kam der Tod, vom Baum des Kreuzes erstand das Leben. Der Feind [Schlange = Teufel, vgl. Offb 12,9], der am Holz gesiegt hat, wurde auch am Holze besiegt durch unseren Herrn Jesus Christus.“ Die an der Signalstange erhöhte, in die Vertikale gebrachte Schlange ist als (heilige) Asklepios-Schlange bis heute das Symbol für Heilung durch Arzt oder Apotheker (wobei Asklepios und die Ärzte gegen den Tod auch kein Kraut haben). Chorfenster in St. Peter, Todtnau (Schwarzwald): Hand Gottes, Paradiesbaum mit Schlange, Adam und Eva, an der Seite bewirtet Abraham die drei ihn und Sarah besuchenden Engel (christlich: Bild der Dreifaltigkeit).
Nach dem Exodus aus Ägypten ‚murrt‘ das Volk auf seiner 40-jährigen Wüstenwanderung wegen der Entbehrungen gegen den ‚Erlöser‘ Mose,
der es aus der ‚Knechtschaft‘ (der Sünde) befreit hat: „Da schickte der Herr Giftschlangen unter das Volk. Sie bissen die Menschen und viele Israeliten starben“ (Num 21,6). Die Rettung bringt das
Schauen auf eine Schlange aus ‚Kupfer‘, die Mose an einer Fahnenstange aufhängt: „Wenn nun jemand von einer Schlange gebissen wurde und zu der Kupferschlange aufblickte, blieb er am Leben“ (V.9).
‚Schlange‘, nachasch, hat den gleichen Wortstamm wie ‚Kupfer‘, neschoscheth, das Metall der Venus, der Göttin der irdischen Liebe und Fruchtbarkeit; Friedrich Weinreb schreibt:
„Jetzt verstehen wir das Geschehen mit der Schlange am sechsten Tag [= Freitag, Venustag, franz. vendredi] im Paradies; aber auch den Verrat am Freitag, dem die Kreuzigung folgt. Und es
fällt uns gleich die Schlange aus Kupfer ein, die, aufgerichtete, erhobene, die heilt (4. Mose 21,8 und 9)“ (Der siebenarmige Leuchter, 1985, 39). Erschaffung, Fall und Erlösung des
Menschen durch Jesu Heilstod am Kreuz als neuem Baum des Lebens geschehen am ‚sechsten Schöpfungstag‘ (Freitag, Freyatag). Nach dem jüdischen Kalender handelt es sich dabei um den 1. Tag des
Tischri, des ‚siebten Monats‘ (‚Sept-ember‘); Weinreb schreibt zu Num 21,8f: „Es kommt der Biss der Schlange, weil der Mensch ungeduldig ist und glaubt, der Weg, den er geht, sei ‚fade‘, weil er
nach dem Reiz der Welt der Zweiheit verlangt, also nach Ägypten will, den Baum der Erkenntnis will. Sobald aber der Tod Einzug hält, sieht der Mensch, dass und warum sein Weg falsch war, und dann
kehrt er zurück. Wieder begegnet er der Schlange, doch jetzt spendet sie Leben, jetzt bildet sie den Übergang von dieser Welt, wo wegen des Bisses der Schlange noch der Tod herrscht, zur
kommenden, wo man gerade durch den Anblick der Schlange am Leben bleibt. Dort bildet also die Schlange den Übergang vom Tod zum Leben, dort ist der Wert ‚358‘ der Wert des Messias. Darum spricht
die Bibel an dieser Stelle von der ‚feurigen Schlange‘, der Schlange aus Feuer, die das Ende kennzeichnet. Das Wort für ‚feurige Schlange‘ ist ‚saraph‘ … (Schöpfung im Wort, 708f).
Entscheidend ist das Verhalten des Menschen gegenüber den „Kräften der Entwicklung. Dass sie ihn, wie der Erlöser, auch zum Leben führen, wenn er sich ihnen auf dem Weg über den Baum des Lebens
nähert, der neben seiner Eigenschaft als ‚Baum, der Furcht ist‘ auch ‚Baum, der Frucht macht‘ ist“ (709), der also beides umfasst: Sein
und Werden. So ist auch die Eucharistie als Frucht des Kreuzbaumes das In-Eins der Liebe von Gott und Mensch und zugleich die Speise auf dem Weg zu diesem Ziel.
Bild: Gregor von Nyssa versteht „ Christi Wohlgeruch“ (2 Kor 2,15) als Ausfluss der inneren Tugend: „Der göttliche Bräutigam durchströmt sein ganzes Leben mit dem Balsam seiner Tugenden, und dadurch wird auch das Leben des Paulus zu einem Wohlgeruch, den alle anderen einatmen dürfen“ (vgl. G. Ruhbach/ J. Sudbrack [Hg.], Große Mystiker, 1984, 17-35, 33). Nach Hildegard von Bingen zeigt Gott „über die Nase … die Weisheit, die als duftende Ordnung in allen Kunstwerken ruht“ (ebd.). Das größte Kunstwerk Gottes ist Maria als vom Geist Gottes überschattete Jungfrau, die „schon zur Vollkommenheit gelangt“ als „Urbild der Tugenden“ der „ganzen Gemeinschaft der Auserwählten“ voranleuchtet (Lumen gentium 65) – und vorausduftet; denn jeder Verwesungsgeruch ist von ihr genommen: „Das Paradiesgärtlein“ (1410; mit 24 duftenden Blumen); Städel Museum, Frankfurt/M.
Der Duft spielt vor allem als „Wohlgeruch für Gott“ beim Opferkult eine zentrale Rolle: Wohlgeruch, hebr. reach nichoach, 200-10-8 50-10-8-6-8 = 300, hat denselben Zahlenwert wie „Geist Gottes“, ruach elohim, 200-6-8 1-30-5-10-40 = 300. Gott haucht bei der Erschaffung des Menschen durch dessen Nase seinen Geist-Atem aus (Gen 2,7), um dann vom Menschen den beim wahren Opfer aufsteigenden Wohlgeruch einzuatmen (was beim Opfer Kains nicht der Fall ist: Gen 4,5). Dabei bringt der Hohepriester im Menschen das Opfer dar, das Ursprung und Endziel der Schöpfung zur Einheit verbindet: Feuer (esch, 1-300) und Wasser (majim), Geistseele und Leib, bilden zusammen den „Himmel“, schamajim (= esch-majim). Nach dem Talmud (Joma 39b) war der herrliche Geruch des „Räucherwerks“, Ketoret, im Tempel in ganz Jerusalem wahrnehmbar; das erlaubte den Bräuten der Stadt, auf eigenes Parfum zu verzichten. Gabriel Strenger sieht darin „eine Andeutung auf die mystische Verkettung der erotischen Liebe von Mann und Frau mit der spirituellen Liebe zwischen Mensch und Gott. In der Tat ist der Geruchssinn der subtilste unserer Sinne. (…) In der Kabbala wird ein ausgeprägter Geruchssinn mit mystischen Fähigkeiten in Verbindung gebracht“ (Jüdische Spiritualität in der Tora, 2016, 162). Das auf dem „inneren Altar“ zu verbrennende Räucherwerk „wird von der Tora als krönender Abschluss behandelt“, als „Krönung des Tempeldienstes“ (161). Der Weihrauch bestand aus elf Teilen, deren Zusammensetzung genau beachtet und zugleich streng geheim gehalten wurde. Laut Maimonides (Führer der Verirrten, 3:45) sollte der sich im Tempel ausbreitende Wohlgeruch auch „den schlechten Fleischgeruch der Tieropfer“ überdecken, „was dem Menschen mehr Ehrfurcht vor dem Heiligtum einflöße“ (zit. ebd. 162). Letztlich aber liegt der üble Todesgeruch auf der sterblichen Welt in der vergänglichen Zeit im Ganzen, wie ihn auch der „vier“ Tage im Grab liegenden tote Lazarus ausströmt (Joh 11,39f). Durch die Teilhabe am Messias Jesus, der „die Auferstehung und das Leben“ ist (V.25), wird er aber in Lebensduft verwandelt: Christus nimmt durch sein Heilswerk „der Schöpfung den Verwesungsgeruch“ (Bischof Georg Moser). Das sagt auch Paulus, wenn er die Wirkung seiner Heilsbotschaft vom „Duft der Erkenntnis Christi“ für die Gläubigen und die Ungläubigen beschreibt: „Denn wir sind Christi Wohlgeruch für Gott unter denen, die gerettet werden, wie unter denen, die verloren gehen. Den einen sind wir Todesgeruch, der Tod bringt, den anderen Lebensduft, der Leben verheißt“ (2 Kor 2,14-16).
Bild: Das Hochfest „Mariä Aufnahme mit Leib und Seele in den Himmel“ am 15. August mündet in das Fest „Maria Königin“ am 22. August: „Durch ihre Aufnahme bei Gott ist Maria die Königin des Himmels und der Erde“ (Textbuch Gemeindemesse). Das II. Vatikanum nennt Maria die „Königin des Alls“ (Lumen gentium 59). Als „Bild Gottes“ ist der Mensch ursprünglich die Krone der Schöpfung, „mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ (Ps 8,6). Durch den Sündenfall ist er aber statt gottähnlich nur noch tierähnlich und sterblich (Gen 3,21). Was bleibt ist die Sehnsucht nach der (verlorenen) Krone, wie sie sich auch im Kampf um einen Olympiasieg zeigt. Das „Gold“ ist die Farbe der Sonne, Silber die Farbe von Luna; sie gilt als „Urgrund aller (natürlichen) Geburt“. Als Mutter der „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal 3,26) ist Maria mit dem Licht der Sonne ganz erfüllt und bekleidet, steht sie auf der Sichel des Mondes (Offb 12,1); so wird die verlorene Gottebenbildlichkeit wiederhergestellt (vgl. Eph 4,24). Marienfigur (1930 von Pius XI. geschenkt) im Mariendom zu Speyer.
Papst Paul VI. fasste 1968 das Glaubensgeheimnis von der Aufnahme Mariens in den Himmel (Dogma seit 1950) so zusammen: „Verbunden in einer ganz innigen und unauflöslichen Weise mit dem Geheimnis der Menschwerdung und Erlösung, wurde die allerseligste Jungfrau, die unbefleckt Empfangene, am Ende ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in die Herrlichkeit des Himmels aufgenommen und – in Vorausnahme des künftigen Loses aller Gerechten – ihrem auferstandenen Sohne in der Verklärung angeglichen.“ Der Glaubenssatz wird damit aus dem Ganzen der Bezüge Marias zu den anderen christlichen Glaubensgeheimnissen als implizit darin enthalten erschlossen. Hinzu kommen die angedeuteten bildlichen Darstellungen des ‚Weiblichen‘ in der Bibel, womit letztlich die ganze geschaffene materielle Schöpfung gemeint ist, die „in Geburtswegen“ liegt (Röm 8,22). Kardinal Hermann Volk (Mainz) verwies nach der Dogmatisierung darauf, dass „die Erlösungsgnade nicht nur versöhnt, sondern auch heiligt und erhöht“ und „mit Christus ähnlich macht“. „Heiligenverehrung ist eine Form, die Fruchtbarkeit der Erlösungstat Christi anzuerkennen; nach dem Magnificat meint auch die Schrift, dass dies in irgendeiner Form möglich und auch Aufgabe sei“ (vgl. Lk 1,48f). Der evangelischen Erlösungslehre lägen dagegen „andere Vorstellungen von der Erlösungsfrucht, von der Weise, wie Gott mit seinen Geschöpfen und Erlösten umgeht, von dem Begriff der Ehre Gottes zugrunde“ (Das neue Marien-Dogma, ³1956, 131; 133). Das schönste Marienlob in der alten Kirche ist der Hymnos Akathistos. Nach Michael Schneider ist die „antinomische Sprechweise … Ausdruck der letzten Unaussprechlichkeit Gottes“ (Hymnos Akathistos, 2004, 33). „In der Menschwerdung des Sohnes offenbart sich zugleich das Mariengeheimnis des ganzen Kosmos“ (46). „Die Himmelfahrt Marias ist ein Vorausbild der Verklärung des Kosmos... Was bei jeder Taufe geschieht, ist durch die Aufnahme Marias in den Himmel zum sichtbaren Zeichen des neuen Kosmos geworden“ (52). Nach dem Hymnus ist Maria (wie das Kreuz) die „Himmelsleiter, darauf Gott herniederstieg“ und wie die Schöpfungsweisheit „von Uranfang des Friedefürsten Thron“ (vgl. Spr 8,22f). Sie hat „das Heiligtum des Paradieses“ erschlossen beziehungsweise wieder zugänglich gemacht, denn: „Du (Maria) bist der Schlüssel zu Christi Königreich.“
Bild: Das Umgangslabyrinth am Boden im Eingangsbereich im Westen (= Untergang und Tod) in der Kathedrale von Chartres veranschaulicht die existentielle Situation des Menschen, der ausweglos dem
Tod in Gestalt des Minotaurus verfallen ist. Es hat elf Umläufe, sechs sind rechtsläufig (‚mitsonnen‘), weshalb es „eigentlich nicht ins ‚Verderben‘ führen“ kann (Hildegard Marcus, Spiritualität und Körper. Gestaltfinden durch Ursymbole, ³2008, 199). Die konzentrischen Kreise des
Labyrinths mit 28 Kehren analog zu den 28 (4 x 7) Tagen des Mondlaufs stehen für die vergängliche Körperwelt in der Zeit. Die Westfassaden-Rosette lässt den goldenen Glanz der Abendsonne als
„Abglanz ewigen, heilen Lebens“ auf das
Labyrinth fallen: „Der im Labyrinth geläuterte, in sich geklärte Mensch“ erwacht auf dem viergetaltigen
Labyrinthweg „zu seiner leib-geistig-seelischen Ganzheit als kreuzgestaltiger Kosmos" (200; 202).
Jesus ist Sieger über (Tod-)Sünde und Tod, indem er in seinem Tod am Kreuz am „sechsten Tag“ (Kar-Freitag) als „Erlöser“, hebr. goel, 3-1-30 = 34, mit dem Buchstaben Aleph (= Eins) die Einheit in die in sechs (3 + 3) Tagen geschaffene Welt des todverfallenen Körpers oder der körperlichen „Form“, gal, 3-30, bringt (galuth ist die „Verbannung“); Friedrich Weinreb schreibt: „Wenn man dem Erlöser begegnet, so will das auch sagen, dass man in den Dingen dieser Welt, so wie sie uns erscheinen, den göttlichen Ursprung sieht, die Eins. (…) Vom Urzustand begleitet er uns bis in das Äußerste und Letzte der Form. Er steigt herab und ist deshalb dann der Erlöser, weil er die ‚gal‘ zum Leben erweckt. Er ist die Eins im Wort ‚goel‘. Unter dem Vorgang der Erlösung ist an sich schon zu verstehen, dass der Erlöser mit seiner Schöpfung mitgeht. (…) Das Wort ‚gal‘ ist der Wert 33. Da geht auch ein Licht auf, warum Jesus 33 Jahre alte geworden ist“ (Die jüdischen Wurzeln des Matthäus-Evangeliums, Bd. I, 1991, 68f). Im Alten Bund ist Moses der Erlöser, der Israel aus „Ägypten“ (der todverfallenen Körperwelt oder dem „sechsten Tag“) befreit. In der Wüste „murrt“ das Volk Israel über das „bittere“ Wasser (der Zeit), worauf Mose auf Gottes Geheiß „ein Stück Holz“ (ez = Baum) in das Wasser wirft, das so „süß“ wird (Ex 15,23f). Dieses „Holz“ ist nach Weinreb der „Baum des Lebens“ in der „Mitte“ des Paradieses gegenüber dem todbringenden „Baum der Erkenntnis von Gut und Böse“ (Gen 2,9): Ez HaChajim, 70-90 5-8-10-10-40, hat den Zahlenwert 233, der Erkenntnisbaum hat 932, das ist viermal 233, ihr Verhältnis ist 1 zu 4: „Wenn du diesen [Baum der Einheit] in die Zeit bringst, dann ist das Wasser süß und dann schmeckt es dir. (…) Der Baum des Lebens heißt auch ‚der Baum, der Frucht ist und Frucht macht‘ (1. Mose 1,11), ist also der Baum, der das Ziel schon in sich hat und den Weg zum Ziel. (…) Der Baum des Lebens bringt die Wandlung“ (Die sieben Prophetinnen, 2008, 48f). Christlich ist das Kreuz (1 Mitte, 4 Enden) der neue Baum des Lebens mit der Eucharistie als seiner Frucht: Wegzehrung und Ziel der Einheit zugleich. Vom Kreuz herab, „symbolisiert vom letzten Buchstaben [Taw = 400] des hebräischen Alphabets, gibt Jesus der ganzen Schrift ihre Erfüllung, ‚insofern er dadurch das ganze Geheimnis der Erlösung des Menschen offenbart, die sich verborgen findet in den zweiundzwanzig Büchern des Alten Testaments‘ [Helinand]“ (Henri de Lubac, Typologie – Allegorie – Geistiger Sinn, 1999, 120).
Bild: Das Hochfest „Verklärung des Herrn“ feiert die Kirche am 6. August, in der Mitte des Sommers. Auf dem Berg der Verklärung (‚Tabor‘ = Nabel) erscheinen mit Jesus auch Mose und Elija, die Repräsentanten von Thora und Prophetie und damit des Alten Bundes, der jetzt in Jesus seine Erneuerung und Vollendung erfährt. Deshalb ruft die Stimme des Vaters vom Himmel aus der „Wolke“ den drei von Jesus auserwählten Jüngern zu: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören“ (Mt 17,5; ähnlich Mk 9,7; Lk 9,35; vgl. Dtn 18,15). Jesus, Moses und Elija erscheinen den drei Jüngern „in strahlendem Licht“ (Lk 9,31f), und die Stimme spricht aus der „Wolke“ als Zeichen der Anwesenheit Gottes (V.35). Glasfenster Verklärung Jesu mit Elija (rechts) und Moses (links), Dom zu Regensburg.
Die ‚Verklärung‘ (Metamorphosis, Transfiguration) Jesu auf dem Gipfel eines hohen Berges stellt einen Höhepunkt der Offenbarung von Jesu Gottessohnschaft in den drei synoptischen Evangelien dar (Mt 17,1-9; Mk 9,2-8; Lk 9,28-36). Nach Thomas M. Kiesebrink ist die Erzählung von der Verklärung „sicher einer der rätselhaftesten Berichte im NT. (…) Gemäß [Klaus] Berger ist die ‚Verklärung Jesu … eine typische mystische Erfahrung‘“ (Jesus als Mystiker?, 2022, 299-332: Die Verklärung, 299). Umstritten ist, ob es sich bei der Perikope um einen „authentischen Erfahrungsbericht“, einen „Visionsbericht“, eine „Legende“, eine „vordatierte Ostererzählung“, eine „Epiphanie“ oder eine „Theophanie“ handelt (304). Als alttestamentliche Vergleichstexte gelten insbesondere die Sinai-Theophanie in Ex 24 und 34: Moses steigt auf den Berg mit einigen Auserwählten; er steigt vom Sinai mit dem Tafeln der Bundesurkunde herab, wobei die Haut seines Gesichts strahlt (Ex 34,29f). Auf dem Sinai erscheint die „Herrlichkeit des Herrn“ in einer „Wolke“, die den Berg sechs Tage lang bedeckt: „Am siebten Tag rief der Herr mitten aus der Wolke Mose herbei. Die Erscheinung der Herrlichkeit des Herrn auf dem Gipfel des Berges zeigte sich vor den Augen der Israeliten wie verzehrendes Feuer“ (Ex 24,16f). Dass sich in Ex 24,2 Moses Gott nähern kann, nicht aber das Volk, Aaron und andere, liegt für Philo von Alexandrien daran, „dass nur Mose über einen prophetischen Geist verfügt, der sich über die geschaffene Welt erhoben hat, um sich mit der göttlichen Wirklichkeit aufs Engste zu verbinden“ (326). Philo selbst schreibt: „Denn das prophetische Bewusstsein, zur gleichen Zeit, wenn es gottergriffen und gotterfüllt ist, ist der Einheit (Monade) ähnlich, da es in keiner Weise mit Dingen vermischt ist, die Gemeinschaft haben mit der Zweiheit. Wer sich wahrhaft in die Natur der Einheit aufgelöst hat, (von dem) wird gesagt, dass er sich Gott nähert in einer Art familiärer Beziehung; da er nämlich alle sterblichen Seinsweisen zurückgelassen hat, wird er in die göttliche Seinsweise hineinverwandelt, so dass er gottverwandt wird und wahrhaft göttlich“ (zit. ebd. 326). Im Hören auf Jesu „Worte des ewigen Lebens“ (Joh 6,69) werden die Gläubigen verwandelt in „Kinder Gottes“ (Joh 1,12f). Jesus spricht in der „Autorität“ (auctoritas) Gottes, abgeleitet von augeo, das heißt „mehren, vermehren, heranwachsen-lassen, fördern, Macht gewinnen lassen, Gedeihen schenken, erhöhen“ (Ferdinand Ulrich, Virginitas Foecunda, 2021, 7).