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Bild: Große domestizierte Tiere wie Pferde oder Kühe betrachten auch in der schönsten Berglandschaft (hier in Südtirol) weder diese noch den Himmel, sondern sind meist mit dem Fressen von Gras nahe am Erdboden beschäftigt; nur der Mensch blickt auf zum Himmel: „Für Jahrhunderte war der Blick in den Kosmos der Blick hinauf in die göttliche Sphäre. Der Mensch ‚tauscht mit Gott den Blick, und Vernunft erkennt Vernunft‘, so die Beschreibung des ‚spectator coeli‘, des Himmelsbeobachters bei dem frühchristlichen Apologeten Laktanz“ (Dirk Evers, Domradio Köln, 14. März 2012). Wie der Himmel als (himmlischer) ‚Vater‘ gilt, so die Erde als ‚Mutter‘ (mater) der Menschen, die ‚Kinder‘ von beiden Welten sind. In Himmel und Erde spiegelt sich die Doppel-Natur des Menschen als Einheit von Geist und Materie, ‚männlicher‘ Geistseele und ‚weiblichem‘ Körper.
Der bekannte Pastor Christian Odling (Bistum Münster) antwortet in einem Podcast (Sept. 2023) auf katholische.de die Frage, ob Tiere in den Himmel kommen, mit „ja“: „Wohin denn sonst?“ Die Frage, ob sie auch in die Hölle kommen, stellt er nicht, denn sie würde sofort die Absurdität seiner Antwort aufzeigen. Himmel und Hölle sind der ‚Endzustand‘ der Freiheitsentscheidung, die nur Menschen (und Engel) treffen können, nicht aber ‚freiheitslose‘ und damit a-moralische Tiere. Die Bibel unterscheidet daher zwischen der göttlichen Geistseele (neschamah), die Gott nur dem Menschen einhaucht (Gen 2,7) und die auch die Grundlage für seine Gottebenbildlichkeit ist, und der Blut- oder Körperseele (nephesch), die auch ‚höhere‘ Tiere haben. In der hebräischen Sprache wird die Melodie oder Betonung durch die neschamah repräsentiert: „Neschamah ist das, was Gott dem Menschen bei der Schöpfung einhaucht. Neschamah ist also das Göttliche im Menschen, die dritte Facette des Begriff Seele. Neschamah hat nur der Mensch, nicht das Tier. Dank der neschamah kann sich der Mensch in Sprache ausdrücken; in ihr sind alle Elemente anwesend. Die Melodie kann man singen, wie man will, die Melodie ist frei. Die Konsonanten [repräsentiert durch nephesch] stehen fest, die Vokale [repräsentiert durch ruach] im großen und ganzen auch, für den Ton gibt es verschiedene Möglichkeiten. Der Mensch kann die ursprüngliche Melodie wählen – aber auch eine ganz andere. Es ist die neschamah, die dem Menschen diese Freiheit gibt“ (Friedrich Weinreb, Die Symbolik der Bibelsprache, 1999, 15f). Auch die katholische Kirche lehrt, „dass jede Geistseele unmittelbar von Gott geschaffen ist – sie wird nicht von den Eltern hervorgebracht – und dass sie unsterblich ist: sie geht nicht zugrunde, wenn sie sich im Tod vom Leibe trennt, und sie wird sich bei der Auferstehung von neuem mit dem Leib vereinen“ (KKK 366). Weder gibt es eine Auferstehung der Tiere (welche?), noch hat Jesus als „makelloses Lamm“ für Tiere am Kreuz sein „kostbares Blut“ vergossen (1 Petr 2,19). ‚Vier‘-Beiner gehören ganz zur Erde und sind durch und durch irdisch – nicht aber zum Himmel der Engel: der Geist- oder Flammenwesen als Boten und Diener Gottes (Ps 104,4). Den Gläubigen wird gesagt: Ihr seid hingetreten „zur Stadt des lebendigen Gottes, zum himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung“ (Hebr 12,22) – zur himmlischen Liturgie, die wie die irdische ohne Tiere gefeiert wird.
Bild: Die kabbalistische Lehrtafel der Prinzessin Antonia von Württemberg wurde vor 350 Jahren (1673) in der Dreifaltigkeitskirche in Bad Teinach im Nordschwarzwald aufgestellt. Sie versteht Altes und Neues Testament als innere Einheit und interpretiert den Sefirot-Baum der zehn Wirkkräfte Gottes auf Christus hin als unterste Sefira Malchut (Königreich Gottes), die auch die Schechina ist (Gegenwart Gottes in der Welt). Das Innenbild des Schreins zeigt den dornengekrönten Jesus im Zentrum des Paradiesgartens, darüber wölbt sich der Tempel-Palast mit dem Hohepriester im Zentrum; sein Brustschild enthielt die Namen der zwölf Stämme Israels nach ihren ‚Lagern‘ beziehungsweise Himmelsrichtungen sowie die Buchstaben der Namen der drei Erzväter und die „Stämme Jeschuruns“ (d. h. Israels als ‚geliebten Sohn‘). Flankiert wird er von dem Schlangenzeichen links und dem Gekreuzigten rechts. Das Fest Kreuzerhöhung feiert die Kirche am 14. Sept.
Die Inschrift auf dem Sockel des Geckeler Feldkreuzes in Rottenburg-Schwalldorf („Zum Zeichen, wer gebissen ist und sieht mich an, der soll leben“) verbindet Johannes 3,14 mit Numeri 21,8f: Auf der 40-jährigen Wüstenwanderung nach dem Exodus und vor dem Einzug ins Gelobe Land werden einige Israeliten, die der „elenden Nahrung“ (= Manna) überdrüssig sind und rebellieren, zur Strafe von todbringenden Giftschlangen gebissen; Moses hängt eine Kupferschlange an einer Fahnenstange auf, deren Anblick sie am Leben lässt. Das Schlangenzeichen ist heute in Jordanien auf dem Berg Nebo aufgestellt, wo Moses einen Blick in das verheißene Land werfen durfte, bevor er mit „120 Jahren“ stirbt (Dtn 32,49f; 34,1-7). Es erinnert an den Äskulapstab, den Arzt und Apotheker im Zeichen führen. Nach Detlef Witt kannten die Griechen für das Schlangensymbol nur ein und dasselbe Wort: Pharmakon, „welches je nach Brauch oder Missbrauch ‚Heilmittel‘ oder ‚Gift‘ bedeutet“; die Schlange symbolisiert „immer die Libido, die Triebkräfte des Menschen, nur vertikal [in der Schöpfungsordnung] gebraucht, ist die Schlangenkraft heilsam“ (Die Evolution der menschlichen Gottesbeziehung, 1999). Bertram Maier, heute Bischof von Augsburg, schrieb 1996: „Sind nicht die Schlange an der Fahnenstange und der Christus am Kreuz ein siegreich aufgerichteter Äskulapstab? ‚Ich bin Jahwe‘, dein ,Arzt‘, sagt schon der Gott des Alten Bundes (Ex 15,26). Jesus selbst sieht sich als Arzt… Im Blick auf den Gekreuzigten begegnet uns der Arzt. (…) Dem Äskulapstab der Ärzte und Apotheker vertraut sich jeder an. Vor dem Äskulapstab der Kirche haben wir Scheu. Dem Bußsakrament gehen wird aus dem Weg. (…) Wie die Menschen auf die erhöhte Schlange schauten und geheilt wurden, so sollen wir auf den Gekreuzigten schauen: in dem sich das Ja Gottes verwirklicht; der für uns zur Sünde wurde; der uns als Arzt Heilung verspricht. Das Kreuz ist unser Äskulapstab. Der Gekreuzigte ist unser Arzt. Er hat immer Sprechstunde“ (Lebensbaum nicht Marterpfahl, 1996, 35). Der Gekreuzigte ist der wahre, verwundete Heiland, der die Gebrechen und Sünden der leidenden Menschheit heilt, wenn sie auf ihn schau und an ihm Maß nimmt, statt selbstherrlich selbst das Maß aller Dinge sein zu wollen und damit auf die Paradiesschlange zu hören, die den Menschen ein irdisches ‚Gott-Sein‘ und ‚Gottesreich‘ verheißt (Gen 3,5).
Bild: Im Kuppelfries des Petersdoms in Rom über dem Grab des ersten Apostels steht in meterhohen Lettern das (verkürzte) ‚Felsenwort‘, mit dem Jesus dem ‚Kephas‘, wie Petrus im Neuen Testament zumeist genannt wird, die Vollmacht zum Binden und Lösen überträgt: „Tu es Petrus et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam, et tibi dabo claves regni caelorum“ (Du bist Petrus/Fels und auf diesem Felsen will ich meine Kirche bauen, und ich gebe dir die Schlüssel des Himmelreiches; Mt 16,18f). Ausgelassen ist die Verheißung, dass „die Mächte der Unterwelt … sie nicht überwältigen“ werden (V.18), das heißt, die Macht des Todes und der Vergänglichkeit: Die Kirche als Bauwerk, Braut und Leib Christi ist in ihrem Wesen überzeitlich und übergeschichtlich oder „nicht von dieser Welt“. Die überlebensgroße Figur des thronenden Petrus mit den Himmelschlüsseln in Rom hat eine kleinere Nachbildung im Dom zu Worms.
In der Ankündigung des Gerichts über Jerusalem in Jes 22 nimmt Gott dem Palastvorsteher Schebna das Amt und übergibt es seinem Knecht Eljakom: „Ich lege ihm den Schlüssel des Hauses David auf die Schulter. Wenn er öffnet, kann niemand schließen; wenn er schließt, kann niemand öffnen“ (Jes 22,22). Dieser Vers gehört zur alttestamentlichen Lesung als Entsprechung zur Verheißung Jesu an Petrus nach seinem Bekenntnis zur Messianität Jesu in Cäsarea Philippi am Ursprung des Jordan im Norden Israels: „Selig bis du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus, auf diesen Felsen werde ich meine Kirche (ekklesia) bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreiches geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein“ (Mt 16,17-19). Mit diesen „Schlüsseln der Königsherrschaft der Himmel“ zum Binden und Lösen wird Petrus Amt und Lehrautorität übertragen, verbindlich die Thora auszulegen im Sinn des neuen Verständnisses, das mit dem Messias gekommen ist; Josef Schmid schreibt: „Simon Petrus empfängt mit den Schlüsseln die Vollmacht, den Eintritt in das Gottesreich zu gestatten und davon auszuschließen. Und zwar empfängt er die Gewalt, so zu binden und zu lösen, dass das, was er tut, auch im Himmel, d. h. bei Gott, Geltung hat. Nach rabbinischem Sprachgebrauch bedeutet Binden und Lösen zunächst, über jemanden den Bann verhängen bzw. ihn vom Bann lösen, wurde aber auch auf die Lehrautorität angewendet, die die Rabbinen für sich in Anspruch nahmen und in der sie den Schlüssel zum Gottesreich in den Händen zu haben meinten (Mt 23,13…). Etwas für gebunden bzw. gelöst erklären heißt, es als verboten bzw. erlaubt erklären. Was hier Simon Petrus verheißen ist, wird Mt 18,18 den Zwölfen insgesamt übertragen; es handelt sich dort um die auch vor Gott geltende Ausschließung eines einzelnen aus der kirchlichen Gemeinschaft oder um seine Aufnahme in sie. Daraus aber folgt auch für das an Petrus gesprochene Wort, dass das Binden und Lösen nicht bloß in der Lehre besteht, sondern auch die Vollmacht umfasst, bindende Verordnungen zu geben“ (Art. Petrus, in: Handbuch für theologische Grundbegriffe, 1970, Bd. 3, 321-327, 327). Von daher leitet der Bischof von Rom als Papst und Nachfolger des heiligen Petrus im Petrusdienst der Einheit der Kirche seine umfassenden Vollmachten ab (Petrusprimat).
Bild: Das in der Ostkirche entstandene Fest der ‚Entschlafung’ Marias wurde in der Westkirche seit Leo IV. (847) als Fest der Himmelfahrt Marias „mit eigener Oktav am 15. August gefeiert“ (Karl-Heinz Menke). Pius XII. legte in seiner Enzyklika Ad coeli reginam vom 11. Oktober 1954 (Fest der Mutterschaft der Jungfrau Maria) das Fest Maria Königin als gebotenen Gedenktag für die Weltkirche auf den 31. Mai. Dieses Fest der Königswürde der Mutter Jesu hat die Krönung Mariens zum eigentlichen Festinhalt. Mit der liturgischen Kalenderreform 1969 wurde es auf den Oktavtag des Festes der ‚Himmelfahrt Mariens‘ verlegt, den 22. August, weil es seinerseits als Vollendung der Aufnahme Mariens mit Leib und Seele in den Himmel zu verstehen ist. Pfarrkirche St. Maria delle Grazie in Lacco Ameno, Insel Ischia, Italien. Mit ihrer goldenen Sternen-Krone (Offb 12,1) trägt Maria auch einen himmelblauen Mantel mit goldenen Sternen.
Seit frühester Zeit wird Maria in ihrer großen Demut und „Niedrigkeit“ (humilitas, Lk 1,48) verehrt als Königin des Himmels und der Engel, als Königin der Apostel und der Propheten sowie als Maienkönigin und „Königin des Alls“, die „bei weitem den Vorrang vor allen anderen himmlischen und irdischen Kreaturen“ hat (II. Vatikanum, Lumen gentium 59; 53). In der Erscheinung Mariens in der Adventszeit 1531 in Guadalupe (Mexiko) auf dem Umhang des katholisch getauften 57-jährigen Nahuatl-Indigenen Juan Diego Cuauhtlatoatzin („Der wie ein Adler spricht“) erkannten die Azteken „im königlichen Türkis des Mantels … eine Königin, auch wenn sie keine Krone trug. In den Blumen sahen sie, dass die Schöpfung ihr Kleid war, und im Sternenmantel, dass sie darüber den Kosmos als Obergewand angelegt hatte“ (Paul Badde, Maria von Guadalupe, 2004, 66f). Das Motiv der Krönung Mariens ist aus dem Motiv der ‚Himmelfahrt‘ Marias herausgewachsen, das in der Ostkirche als „Hochfest des Entschlafens der allheiligen Gottesgebärerin“ gefeiert wird, am 15. August (julianisch), am 28. August (gregorianisch). In der orthodoxen Tradition ist dies am Schluss des liturgischen Jahres, das am 1. September (auch „Tag der Schöpfung“) als „Kranz des Mondjahres“ beginnt. So bildet die Krönung Mariens den Abschluss des Kirchenjahres als, wie die christliche Kabbalistin Annick de Souzenelle schreibt, „die Erfüllung der Braut-Menschheit. Der Tradition zufolge wird die auf den Händen von Engeln in den Himmel erhobene Jungfrau und Mutter zur Braut. Sie wird gekrönt von der Hand des Bräutigams. Sie stellt die erfüllte Menschheit dar. Sie repräsentiert die Anfänge eines jeden von uns“ (Le Symbolisme du corps humain, 1999, Kap. XX). In dieser ‚hochzeitlichen‘ Einswerdung besteht das Ziel des Menschen und durch ihn der ganzen Schöpfung von Anfang an. Es geht in der Krönung um die Gnade der ‚Vergöttlichung‘ (Theosis) des Menschen, die auch für Martin Luther noch zentral war und seine Lehre der Rechtfertigung davor bewahrt, sie „zu sehr als äußerlichen ‚forensischen‘ Vorgang im Sinne einer bloßen Gerechtsprechung zu verstehen“ (Ferdinand R. Gahbauer, Byzantinische Dogmengeschichte, 2010, 168f); Jürgen Kuhlmann bemerkt: Durch die ‚Einigung‘ mit Gott „ist der ganze Gott in den ganz Würdigen, und die ganzen Heiligen sind ganz im ganzen Gott, indem sie ihren Gott ganz ergreifen und als Lohn ihres Aufstiegs zu ihm nur Gott selbst besitzen, ihn, der sich zu ihnen verhält auf die Weise der Seele zum Körper, wie zu eigenen Gliedern, und sie würdigt, in Ihm selbst zu sein“ (zit. ebd. 165).