Homosexualität: Warum wird der Mann nicht zum Mann?

Bild: Beim „Christopher Street Day“ Anfang August 2018 präsentierten sich beim Zug durch die Hamburger Innenstadt Hunderte von schwulen Männern, Frauen und LGBTQIA-Anhängern; sie demonstrierten für „Toleranz“ und „Gleichberechtigung“ und gegen „Homophobie“. Ist Homosexualität eine „normale“ sexuelle Variante? Wie sie entsteht, erklärt in diesem Blog-Beitrag die Hamburger Psychologin Elfie Horak.

 

Homosexualität wird heute in der westlichen Welt als normale, natürliche Variante der sexuellen Orientierung betrachtet, während sie in anderen Kulturkreisen wie in islamischen Ländern oft unter Todesstrafe steht. 1973 entschied die American Psychiatric Assoziation, Homosexualität von der Liste der „psychischen Störungen“ (mental disorder) zu streichen. Wie aber entsteht eine homosexuelle Neigung bei einem Mann?

Der niederländische Psychologe Gerard van den Aardweg ist überzeugt, dass bei homosexuellen Männern die Männlichkeit „geschädigt“ ist: „Homosexualität ist eine neurotische Sexualität.“ Eine „Veranlagung“ dazu gebe es jedenfalls nicht: „Erblichkeitsforschung, physiologische und Gehirnstudien zeigen keine Abnormalitäten, trotz vieler Versuche, solche zu finden. Bewiesen sind vor allem Erziehungs- und Umgebungsfaktoren wie unausgeglichene oder pathogene Mutterbeziehungen, negative oder abwesende Vaterbeziehungen, traumatisierende Unangepasstheit an die gleichgeschlechtliche Gemeinschaft in der Jugend und Adoleszenz“ (Interview „Es ist das Unglück des Versklavten“, in: Die Tagespost, 9. Mai 2019).

Die Missbrauchsepidemie in der katholischen Kirche durch zum Zölibat verpflichtete Priester hätte es nach Meinung des Psychologen und Psychoanalytikers nie gegeben, wenn man nicht seit den 60er Jahren angefangen hätte, Männer mit homosexuellen Neigungen zu Priestern zu weihen. Denn ein homosexueller Mann ist nur halb erwachsen geworden. Homosexualität kennzeichne eine „unterentwickelte Männlichkeit, ein Männlichkeits-Minderwertigkeitskomplex, emotionelle Labilität, die Unreife und der Egozentrismus eines Halberwachsenen, Depressivität und Unlustgefühle, psychologische, psychosomatische und Kontaktschwierigkeiten“.

Würden krankhafte Wunschphantasien nach männlicher Intimität, „im Grunde eine völlig auf sich selbst gerichtete Sexualität“, „durch Masturbationsgewohnheit genährt, dann wird das ständig unbefriedigend bleibende, illusorische Verlangen nach körperlichen Männerkontakten zwanghaft“. Sich von einer solchen als Zwang empfundenen Neigung zu befreien, soll nach dem Willen von Gesundheitsminister Jens Spahn, der selbst schwul ist, im Herbst vom Parlament gesetzlich verboten werden. Das ist umso unverständlicher, als gleichzeitig Geschlechtsumwandlungen und Transgender-Operationen schon im Jugendalter geradezu gefördert werden.

Natürlich haben homosexuell empfindende Menschen dieselbe Würde wie jeder Mensch. Aber es muss doch erlaubt sein zu fragen, durch welche (Fehl-)Entwicklung diese Neigung zum gleichen Geschlecht entsteht, was dann gegebenenfalls auch Veränderungen im Sinn von Nachreifungen möglich macht. Die in Hamburg lebende Psychologin Elfie Horak ist in ihrer Praxis oft mit der Frage konfrontiert worden, welche psychologischen Faktoren die männlichen Heranwachsenden daran hindern, eine gesunde und reife Männlichkeit auszubilden. Nachfolgend stellt sie die Ergebnisse ihrer Forschungen und Reflexionen zur Diskussion. Am Schluss deutet sie an, welche Bedeutung auch der Glaube an einen „Vater im Himmel“ und einen „männlichen“ Schöpfergeist für eine gesunde Entwicklung zur Männlichkeit haben kann.

 

Sind immer mehr Männer schwul?

Auf der Straße kommt mir ein stylish gedresster Mann mit knall weißen Turnschuhen und coolen Ringelsocken unter sorgfältig hochgekrempelten Jeans entgegen. Als ich gerade an ihm vorbei gehen will, werde ich Zeuge einer offensiv innigen Umarmung unter Männern mit Zungenkuss. Solch zur Schau gestellte Homosexualität ist zwar eher selten, aber eindrücklich und kann den Verdacht aufkommen lassen, dass es immer mehr schwule Männer gibt. Ist das tatsächlich so? Oder täuscht der Eindruck, weil niemand mehr – aus Angst vor Strafe – seine sexuelle Neigung verstecken muss?

Ich meine, wir driften in eine Zukunft, in der es immer mehr homosexuelle Männer gibt. Der Grund dafür sind bestimmte Tendenzen in unserer Gesellschaft, die ihre Entwicklung direkt zur Folge haben. Auf diesen Zusammenhang möchte ich aufmerksam machen.

Dazu werde ich zunächst Beobachtungen schildern, die mich zu einem tieferen Verständnis der Homosexualität bei Männern geführt haben, und im Anschluss werde ich eine Gesetzmäßigkeit vorschlagen, die die Entwicklung von Homosexualität erklären kann.

 

Emotionale Verstrickung mit den Müttern

Bei den homosexuellen Männern, die zu mir in die Praxis kamen, fiel mir deren emotionale Verstrickung mit ihren Müttern auf. Ich erinnere mich an eine Schilderung eines Homosexuellen aus seiner Kindheit. Er war mit seiner Mutter zusammen im Haus und sah, wie seine  Spielkameraden sich draußen versammelten, um Fußball zu spielen. Er wollte so gern mitmachen und bat seine Mutter, nach draußen gehen zu dürfen. Seine Mutter hätte ihn traurig angesehen und geantwortet: „Du willst doch deine Mutter hier nicht allein zurück lassen.“ Und dann sei er geblieben. Ähnliche Begebenheiten habe ich häufig von homosexuellen Männern gehört. Bei mir entstand der Eindruck, als hielten Schuldgefühle, die Mutter traurig zu machen, die Kinder zurück, ihre Interessen durchzusetzen.

Ein anderes Beispiel habe ich in einem Cluburlaub erlebt. Am ersten Urlaubstag saßen wir, wie dort üblich, zu acht beim Abendessen. Da berichtete ein Mann, der homosexuell zu sein schien, in bester Urlaubslaune, gestern habe er noch nicht gewusst, dass er heute im Urlaub sein würde. Das ließen wir uns näher erklären, und er berichtete freimütig, seine Mutter habe gestern, als er aus dem Büro nach Hause kam, mit seinem gepackten Koffer bei ihm im Wohnzimmer gesessen und verkündet, dass er urlaubsreif sei, und sein Flieger ginge morgen. Sie hätte sich um alles gekümmert. Auf seinen Einwand, dass das ganz unmöglich sei, er habe wichtige Kundentermine, hätte die Mutter entgegnet, da müsse er sich keine Sorgen machen, die hätte sie alle abgesagt. Damit war alles geklärt, und er sei geflogen.

Zu meiner großen Verblüffung hatte der Mann, der um die dreißig Jahre sein musste, an der Übergriffigkeit seiner Mutter nichts auszusetzen. Solche Beobachtungen wie in diesen beiden Beispielen brachten mich dahin zu vermuten, dass Homosexualität bei Männern etwas mit dem Unvermögen zu tun haben kann, sich gegenüber der Mutter abzugrenzen. Es könnte etwas mit einer fehlenden Abnabelung von der Mutter zu tun haben. Denn diesen Männern fehlte die Kraft, den eigenen Willen durchzusetzen, oder sie waren mit der Mutter wie Kinder noch so symbiotisch verstrickt, dass sie kein Problem damit hatten, ihr die Führung zu überlassen, wie das letzte Beispiel überdeutlich zeigt.

Dem Mann kam gar nicht in den Sinn, sich gegenüber seiner Mutter zu behaupten, denn sie war ja der Chef. Ein untrügliches Zeichen, dass er den natürlichen Entwicklungsschritt vom Kind zum Mann noch nicht gemacht hatte. Nun stellte sich mir die Frage, warum manche Männer sich mit diesem Entwicklungsschritt schwer tun und andere hingegen diese Entwicklungshürde gut meistern, und ob die Unfähigkeit sich abzunabeln, etwas mit Homosexualität zu tun hat oder nicht.

 

Ritualisierter Entwicklungsschritt vom Jungen zum Mann

Um auf diese Fragen eine Antwort zu finden, ist es zunächst hilfreich, sich ins Gedächtnis zu rufen, dass der Entwicklungsschritt vom Jungen zum Mann wohl die größte Herausforderung ist, die ein Junge auf dem Weg zum Mann absolvieren muss. Das war in vielen alten Kulturen bekannt, und so finden wir häufig Initiationsrituale, die Männern diesen Schritt erleichtern sollten.

So wurden in einem Stamm in Afrika jugendliche Männer, die an der Grenze zum Erwachsenwerden standen, in einer Lichtung im Wald in einer Neumondnacht so in die Erde eingegraben, dass nur noch der Kopf herausschaute. Die Erwachsenen machten nun furchterregende Geräusche, nachdem den Jugendlichen erzählt worden war, dass in der Nacht die Geister kommen. Wenn nun die Jugendlichen am nächsten Morgen feststellten, die Höllen-Nacht lebend überstanden zu haben, waren sie initiiert und wurden in die Gruppe der erwachsenen Männer aufgenommen.

Warum ist dieses Ritual geeignet, den Entwicklungsschritt vom Jungen zum Mann zu befördern? Es lehrt uns, was passieren muss, damit ein Junge zum Mann reifen kann. Er muss seine Angst, von der Mutter umklammert und festgehalten zu werden, überwinden. Nur so wird er zum Mann.

Dass dieses Ritual wirksam sein muss, beruht auf dem archetypisch von jedem Menschen empfundenen Zusammenhang zwischen der Erde und der Mutter. Von der Erde festgehalten zu werden, wird genauso empfunden, wie von der Mutter festgehalten zu werden. Es werden beide Male dieselben Empfindungen wachgerufen. In dem Ritual hält die Mutter Erde den Jungen sozusagen in ihrem Bauch fest, und der Junge kann sich nicht befreien. Für einen Jungen, dessen Entwicklungskraft ihn zum Mann machen will, bedeutet diese Situation die blanke Angst.

Wenn nun also für einen solchen Jungen dieser schlimmste aller Fälle eintritt und der Junge in höchster Pein durchlebt, nicht wegrennen zu können, er also, ob er will oder nicht, das Empfinden, festgehalten zu werden, durchleben oder besser durchzittern muss, dann ist der Bann der Mutter gebrochen. Er hat erfahren, dass nichts passiert. Insofern wirkt das Ritual nicht viel anders als die heutige Verhaltenstherapie. Wer Angst überwinden will, muss sich ihr stellen.

Dieses Ritual wirkt nicht bei Jungen, deren Weg zum Mann noch zu weit ist. Der richtige Zeitpunkt ist wichtig. Sind die Jungen noch zu klein oder ist für sie der Zeitpunkt zu früh, dann kann es sein, dass sie sich eher in der Mutter Erde warm und geborgen fühlen, im festen Vertrauen auf die Mutter, dass sie auf ihn aufpasst, und ihm schon kein Leid geschieht. Die natürliche Entwicklungskraft sollte den Jungen bis an die Grenze zum Mann entwickelt haben. Dann kann dieses Ritual helfen, den Sprung zu schaffen.

Mädchen müssen sich zwar auch von der Mutter lösen, anders als bei Jungen fällt es ihnen aber leichter. Die Vertrautheit des gleichen Geschlechts ist für Mädchen sicherlich eine Hilfe, weniger Angst zu haben.

So lange ein Mann diesen Entwicklungsschritt noch nicht gemeistert hat, wird es ihm schwer fallen, eine befriedigende Partnerschaft mit einer Frau zu führen. Die Angst, von ihr umklammert und festgehalten zu werden, kann immer wieder aufkommen und in der Ehe zu einem beherrschenden Gefühl werden, dem er zu entkommen sucht. Seine Männlichkeit kann sich nur nach erfolgreicher emotionaler Lösung von der Mutter vollständig ausbilden. Für eine Mutter ist dieser Schritt meist ebenso schwer wie für ihr Kind, denn sie muss loslassen. Gelingt es ihr, wird sie zwar ihr Kind verlieren, aber einen Mann und Freund gewinnen.

 

Das Märchen „Hänsel und Gretel“

Auch bei der Frau kann sich ihre Weiblichkeit nur dann voll ausbilden, wenn sie sich erfolgreich von der Mutter gelöst hat. Anders als beim Mann äußert sich bei ihr eine unvollständig entwickelte Weiblichkeit in dem Empfinden, durch Arbeitsanforderungen belastet zu sein.

Ich möchte an dieser Stelle ein Bild aus dem Märchen „Hänsel und Gretel“ sprechen lassen, das besser als Worte den Unterschied verdeutlichen kann. Nachdem Hänsel und Gretel beim Knusperhaus der Hexe angelangt sind, wird Hänsel recht bald im Käfig eingesperrt. Genauso fühlt sich ein Mann, wenn er den inneren Wachstumsprozess noch nicht absolviert hat, und macht dafür häufig die Frau verantwortlich. Sie ist es, die ihn eingesperrt hat, so meint er, wie die Hexe im Märchen; dabei ist es nichts anderes als seine Angst, die ihn festhält.

Gretel hingegen muss arbeiten, sie muss Wasser schleppen. Solange beim Mädchen die Nabelschnur zur Mutter noch nicht gekappt ist, fühlt sie sich aufgefordert, sich anzustrengen und zu arbeiten, häufig mehr, als ihr gut tut und als sie aushalten kann.

Junge Männer heute werden in der Regel nicht in der Erde eingegraben, sondern müssen mit der Entwicklung zum Mann alleine fertig werden. Die natürliche Entwicklung hat dafür als Zeitpunkt die Pubertät vorgesehen. Jetzt sollte die emotionale Verwobenheit mit der Mutter, die als Kind notwendig war, aufgelöst werden. Das ist für beide, Mutter und Sohn, meist ein schmerzhafter Prozess. Bei Jungen nannte man diese Phase früher Flegeljahre. Das Wort drückt schon aus, dass zu dieser Phase verletzendes und zurückweisendes Verhalten der Jugendlichen dazugehören. Wer den Schritt schafft, löst damit seine empfundenen Fesseln und fühlt sich als ein freier Mann.

Um zu der eben schon aufgeworfenen Frage zurückzukommen: Warum sind manche Jungen nicht in der Lage, diesen Entwicklungsschritt zu meistern? Warum reichen bei manchen Jungen die so genannten Flegeljahre nicht aus oder finden gar nicht erst statt?

Ein wichtiger Faktor ist sicherlich, dass die Bande zur Mutter den Jungen unbewusst sind und durch die vielen Ablenkungsmöglichkeiten, die heute jeder junge Mann hat, er gar nicht recht die Kraft fassen kann, die notwendig ist, um konsequent seinen eigenen Weg zu gehen. Dieses kommt als zusätzliche Erschwernis hinzu. Der eigentliche Grund ist jedoch ein anderer. Und der führt uns zu beiden Eltern.

 

Emotionale Distanz bei Eltern von homosexuellen Jungen

Mir fielen bei den Eltern von Homosexuellen Gemeinsamkeiten auf. Viele Eltern hatten ein eher dürftiges emotionales Verhältnis zueinander. Schilderungen, dass die Eltern sich nie umarmt oder liebevoll miteinander umgegangen seien, hörte ich häufig. Viele Eltern von schwulen Söhnen schienen, jeder für sich, ihr eigenes Leben zu führen. Es überwog der Eindruck einer großen emotionalen Distanz.

Vielleicht als Reaktion auf diese Situation, vielleicht aber auch als ihr Auslöser, waren die Mütter auffallend dominant. Sie hatten, so hätte man früher gesagt, die Hosen an. Ausnahmslos alle Mütter von schwulen Söhnen, die ich kennen gelernt habe, waren, wie man gemeinhin sagt, dominante Frauen, und die Väter fanden im emotionalen Erleben der Söhne kaum statt. Entweder weil sie tatsächlich abwesend waren, oder weil sie ihren Platz als Vater und Mann in der Familie an ihre Frau abgegeben hatten.

Es ist also zu vermuten, dass Söhne dann die Abnabelung von der Mutter kaum schaffen, wenn die Mutter dominant ist und der Vater als Vorbild und Ziel der Entwicklung des Jungen zum Mann nicht gesehen werden kann. So weit meine Beobachtungen. Und nun möchte ich eine Gesetzmäßigkeit zur Diskussion vorschlagen, die die Entwicklung von Homosexualität erklären kann.

 

Die Entwicklung von Homosexualität

Diese Entwicklung beruht auf der Komplementarität von Mann und Frau. Bevor ich zur Homosexualität komme, werde ich zunächst die Bedingungen für eine ununterbrochene Generationenkette skizzieren. Als Ausgangspunkt dieser Entwicklung wähle ich einen Idealfall. Nehmen wir einmal an, es gibt ein Paar, Mann und Frau, die beide die von der Natur vorgesehenen Entwicklungsschritte zum Erwachsenen zufrieden stellend gemeistert haben.

Dann kann man die komplementäre Stellung von Mann und Frau zueinander als zwei Pole auffassen. Die Seite des Mannes nenne ich den männlichen Pol und die Seite der Frau den weiblichen Pol. Tatsächlich ist der Zusammenhang zwischen Mann und Frau verwickelter. Doch um die grundsätzliche Idee der Entstehung von Homosexualität verständlich zu machen, reicht es aus, vom Mann als dem männlichen Pol und der Frau als dem weiblichen Pol zu sprechen.

Wie unterscheiden sich beide Pole voneinander? Der Mann nimmt dann den männlichen Pol ein, wenn er die Stärke aufbringen kann, die er für die aktive Auseinandersetzung mit der Welt braucht und sich in dieser Hinsicht, relativ zu seiner Frau, überlegen fühlt. Die Frau nimmt dann den weiblichen Pol ein, wenn sie die Stärke aufbringen kann, die sie für die aktive Auseinandersetzung mit sich selbst, mit ihrem Empfinden und Erleben, wer sie selbst ist, braucht und in dieser Hinsicht, relativ zu ihrem Mann, überlegen ist.

Wir haben es also mit einer wechselseitigen Unterlegen- und Überlegenheit zwischen dem männlichen und dem weiblichen Pol zu tun. Dieser Unterschied ist wichtig, denn das macht die gegenseitige Anziehung und die erotische Liebe aus. Ohne diesen Unterschied gäbe es die erotische Liebe nicht, zumindest nicht auf Dauer, und auch nicht das beglückende Empfinden, gemeinsam Eins zu sein.

Die bevorzugte Blickrichtung des männlichen Mannes ist nach außen auf die Welt gerichtet und die bevorzugte Blickrichtung der weiblichen Frau ist nach innen, auf sich selbst gerichtet, auf das im Unbewussten verborgene „Ich Bin“. Den Mann zieht es primär nach außen, um in der ihn umgebenden Welt Wünsche zu realisieren, und die weibliche Frau zieht es primär nach innen, in eine Sphäre des Empfindens, die Quelle allen Lebens und der Liebe.

 

Wechselseitige Über- und Unterlegenheit

Beide Seiten sind nicht starr, sondern gehen bei einem Paar eine lebendige Dynamik miteinander ein, ähnlich wie beim Atemrhythmus. In diesem angenommenen Idealfall ist die männliche Zugkraft für die Frau der Impulsgeber, für Erfahrungen in der sie umgebenden Welt, und die weibliche Zugkraft ist für den Mann der Impuls, für Erfahrungen mit sich selbst, mit Empfindungen und Liebe in Kontakt zu kommen.

Oder kurz: Seine aktive Kraft zieht beide nach außen, ihre aktive Kraft zieht beide nach innen. Seine Anspannung wird durch ihre Seite entspannt und umgekehrt: Gegenseitige Anspannung und Entspannung im Wechsel. Jede Seite ist, wie beim Atmen, auf die andere Seite angewiesen. Vor dem Hintergrund dieses Wechselspiels entfaltet sich alles Schicksal auf dem Lebensweg eines Paares. Bei diesem Wechselspiel der Kräfte zwischen Mann und Frau ist für unser Thema vor allem ein Aspekt relevant: Die Ebene des Seins, in der der Mann der Frau überlegen ist.

Halten wir also fest: Mit seiner männlichen aktiven Kraft, sich mit der Welt auseinanderzusetzen, ist der Mann der Frau überlegen. Hinsichtlich dieser nach außen, auf die Welt gerichteten Kraft ist die Frau in der unterlegenen Position.

Es sollte klar geworden sein, dass niemand dem anderen grundsätzlich über- oder unterlegen ist. Die Stärke beider liegt nur auf jeweils einem anderen Gebiet. Das heißt aber nicht, dass eine Frau in weltlichen Angelegenheiten keinen Einfluss hätte. Im Gegenteil, was in der Welt geschieht und in die Sichtbarkeit kommt, hat seine Wurzeln im Empfinden und Reflektieren des Menschen, und das wiederum ist ihre Domäne. Beide Seiten hängen also sehr viel enger zusammen, als es im ersten Moment den Anschein hat.

Wird nun ein Kind geboren, dann ist dieses Kind, wie die Sprache es sagt, egal ob Junge oder Mädchen, das „Junge“, und das heißt, es ist relativ zur Mutter in einer männlichen Position. Männlich heißt auch hier, nach außen auf die Welt gerichtet. Das Kind wird in dieser Kindposition sozusagen spielerisch auf den Umgang mit der Welt vorbereitet. Die Mutter besetzt den weiblichen Pol und das Kind den männlichen. Dies ist die Voraussetzung für gegenseitige Anziehung und die mütterliche Liebe. Mutter und Kind bilden eine Einheit.

In dieser Kindposition ist das Kind der Mutter unterlegen. Das Kind wächst nun in der Einheit mit der Mutter heran und macht, sofern es gut läuft, in der Pubertät den Schritt zum Mann, wenn es ein Junge ist. Er wechselt aus seiner männlichen Position unter der Mutter in eine männliche Position über der Frau. Wenn das Kind ein Mädchen ist und die Entwicklung gut läuft, dann wechselt es aus der männlichen Position unter der Mutter in eine weibliche Position wie ihre Mutter.

Auf diese Weise kann sich die Generationenkette ununterbrochen fortsetzen. Das Mädchen wechselt vom jungenhaft männlichen Pol zum weiblichen Pol und wird zur weiblichen Frau. Der Junge bleibt in einer männlichen Verfassung, wechselt aber aus einer unterlegenen Position unter der Mutter in eine überlegene Position über der Frau. So kann sich in jeder Generation wieder ein Paar bilden, bei dem der Mann den männlichen Pol und die Frau den weiblichen Pol einnimmt. Dieser Wechsel, zu dem die natürliche Entwicklung den Jugendlichen in der Pubertät hinführen will, ist dabei notwendig.

 

Wenn eine Frau in der männlichen Position bleibt

Was geschieht nun, wenn diese günstigen Voraussetzungen nicht gegeben sind? Nehmen wir einmal an, ein junges Mädchen wechselt nicht aus der männlichen Kindposition in die Verfassung einer weiblichen Frau, sie bleibt also in der männlichen Position, und das heißt, sie drängt die natürlichen Entwicklungsimpulse, die sie nach innen wenden wollen, zurück, hält weiterhin an ihrer nach außen gerichteten Blickrichtung fest, und konzentriert sich auf Aufgaben in der äußeren Welt. Das ist zum Beispiel dann wahrscheinlich, wenn sie wirtschaftlich für sich selbst sorgen muss. Dann bleibt ihr gar nichts anderes übrig, als sich mit ihrer äußeren Wirklichkeit zu befassen, denn anders kann sie ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten.

Und nehmen wir einmal an, diese Frau bekommt ein Kind. Dann wird sie aufgrund der Polarität von Empfindungen ihr Kind in die weibliche Position drängen. Die Mutter ist der männliche Pol und das Kind der weibliche Pol. Aufgrund der Ordnung der Natur kann das Kind nicht die jungenhafte männliche Position einnehmen, wie idealerweise vorgesehen. Denn dann bilden Mutter und Kind gleiche Pole, und gleiche Pole stoßen sich ab. Nur gegensätzliche Pole ziehen sich an.

Also wird die Mutter ihr Kind unbewusst auf die weibliche Seite drängen, so entsteht eine gefühlte Einheit zwischen Mutter und Kind. Die Mutter kümmert sich in der männlichen Position um Erfordernisse in der Welt, und das Kind übernimmt den nach innen gerichteten weiblichen Part und lebt enger in der Welt der Empfindungen. In dieser Position ist dem Kind die Basis genommen, sich spielerisch auf den Umgang mit der realen Welt vorzubereiten.

Ist das Kind ein Junge, so ist zu erwarten, dass er weibliche Züge entwickelt und empfindet sich relativ zur Mutter als schwach und nicht so befähigt, sich in der Welt zu behaupten. Kommt er in die Pubertät, dann ist zu erwarten, dass er die Hürde zum Mann kaum schaffen wird. Es ist eher zu erwarten, dass seine tendenziell weibliche Verfassung ihn dazu bringt, sich nach männlicher Stärke zu sehnen, und der Keim zur Homosexualität ist gelegt.

Nehmen wir weiter an, dieser Mann geht aus was für Gründen auch immer, eine Partnerschaft mit einer Frau ein. Es wird eine eher männliche Frau sein, ähnlich wie seine Mutter. Dieser Frau wird es kaum möglich sein, ihn als männlichen Mann wahrzunehmen, entsprechend wird es ihr unmöglich sein, in eine weibliche Verfassung zu wechseln. Dieses Paar lebt dann sozusagen mit umgekehrten Vorzeichen. Sie wird sich aufgefordert fühlen, „ihren Mann“ zu stehen, und er lebt den empfindsameren weicheren Part.

Bekommt dieses Paar einen Jungen, dann ist es sehr gut möglich, dass das Kind noch tiefer in die weibliche Empfindungssphäre gedrückt wird, polar zur männlichen Mutter, und später als Erwachsener sich nur noch zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlt und an Frauen keinerlei erotisches Interesse hat. In der Folge reißt die Generationenkette ab.

 

Viele Homosexuelle haben dominante Mütter

Ist der eben dargestellte Zusammenhang zutreffend, dann gründet sich die Entwicklung von Homosexualität im Wesentlichen auf den Einfluss der Mutter, die selbst den Entwicklungsschritt vom Mädchen zur weiblichen Frau nicht vollständig vollzogen hat. Diese Frau hat einen ungenügenden Kontakt zu ihren Empfindungen und zu der spirituellen Dimension ihrer selbst, die sie Liebe in sich und zu anderen fühlen lässt. Wenn also zu beobachten ist, dass viele Homosexuelle dominante Mütter haben, dann sind damit diese Mütter gemeint, die, weil ihnen spezifisch Weibliches fehlt, ein eher männliches Verhalten zeigen.

Nun wäre es falsch, die Mütter allein als die Verursacher einer homosexuellen Entwicklungstendenz ihrer Söhne anzunehmen. Weiblichkeit wie Männlichkeit entwickelt sich auch beim Erwachsenen fortwährend weiter. Kaum eine Frau tritt in ausgereifter Weiblichkeit in eine Ehe ein. Ob sie den Entwicklungsweg zur immer weiblicheren Frau einschlägt, hängt nicht nur von ihrem Wollen, sondern auch vom Mann ab. Der Weg zur Weiblichkeit führt sie in den Bereich ihrer Gefühle und Empfindungen und bildet ihre Fähigkeit zu lieben immer mehr aus, was sich in ihrem Mitgefühl, Fürsorge und Verantwortungsbereitschaft für andere zeigt.

Gewinnt sie in diesem angestammten weiblichen Bereich, werden dadurch männliche Fähigkeiten, die wünschenswert sind, um wirtschaftlich in der Welt zu bestehen, geschwächt. Wenn eine Frau keinen Mann hat, der bereit ist, diesen Nachteil zu kompensieren, dann darf sie diesen weiblichen Weg nicht gehen, es wäre zu gefährlich.

Dieser Frau darf niemand vorwerfen, keine richtige Mutter zu sein, denn das setzt den Mann voraus, der für sie die Voraussetzungen schafft. Also ist doch der Mann und Vater Schuld, der für seine Frau kein richtiger Mann und für sein Kind kein richtiger Vater war? Auch dieser Mann hatte eine Mutter, die ihn erzogen hat. Und so kann man nun den eigentlich Schuldigen in einer Kette von Generationen suchen und wird immer nur gegenseitige Bedingtheiten finden.

Zusammenfassend kann man als tiefste Ursache für die Entstehung von Homosexualität das fehlende Bewusstsein für die von unserer Natur gewollte Einheit von Mann und Frau annehmen. Das fehlende Bewusstsein, welche Voraussetzungen dafür geschaffen werden und welche Anstrengungen von einem Paar bewältigt werden müssen, damit ein gemeinsamer Weg möglich wird.

 

Frauen heute wollen oder müssen ihren Mann stehen

Heute leben wir in einer Zeit, in der Frauen sich dazu aufgefordert fühlen, ihren Mann zu stehen. Immer weniger Frauen wechseln aus der jungenhaften Mädchenposition zur weiblichen Frau. Auch die Frauen, die unbewusst in den Wechsel hineingeraten sind, setzen meist alles dran, um sich möglichst schnell wieder daraus zu befreien, weil ihnen sehr schnell klar wird, dass diese weibliche, nach innen gerichtete empfindsamere Verfassung für eine Kariere oder für den Aufbau einer soliden wirtschaftlichen Basis nicht sehr förderlich ist. Damit würgen sie die natürliche Tendenz, die sie in die Differenz zum Mann entwickeln will, ab und bleiben in einer männlichen Verfassung wie der Mann.

Welche Auswirkungen sind zu erwarten? Als direkte Folge geht die erotische Liebe verloren, die ja gerade auf der Differenz zwischen Mann und Frau beruht. Parallel wird es in unserer Gesellschaft immer mehr Homosexuelle geben, doch nicht nur das. Darüber hinaus möchte ich auf eine wahrscheinliche Folge aufmerksam machen. Es ist zu erwarten, dass sich auch das Lebendige zurückziehen wird, damit meine ich das lebendige Lebensgefühl im Menschen, aber auch das lebendige Leben in der Welt.

Wir beobachten heute eine Besorgnis erregende Veränderung. Der Raum, in denen ein gutes Leben möglich ist, wird kleiner, das gilt für Menschen, Tiere und Pflanzen. Jedes Jahr sterben Tausende von Tierarten. Angesichts dieser Lage und ihrer katastrophalen Auswirkungen auf die Zukunft  ist es angebracht, die Grenzen unseres naturwissenschaftlichen Weltbildes einmal im Denken zu überschreiten.

Aus metaphysischer Sicht gibt es einen Zusammenhang zwischen der Mutter und der „Mutter Erde“. Die Mutter ist die weibliche Frau, die einen Kontakt zu einer Sphäre herstellt, die jenseits unserer materiellen Welt liegt. Es ist eine geistige Sphäre subtiler Empfindungen, der unendlichen Quelle der Liebe und des Lebens. Besinnen sich Frauen nicht mehr auf diese spirituelle Quelle in ihnen, dann schneiden sie sich selbst und aus psychologischer Sicht auch die Erde, auf der wir leben, von dem Lebensquell ab. Das Lebendige und die Liebe in der Welt trocknen allmählich aus.

 

Verpflichtung zu einer verlässlichen Partnerschaft

Was ist also zu tun? Die weibliche Seite des Menschen, die den Kontakt zum Lebendigen und zur Liebe hält, müsste wieder gestärkt und für Frauen attraktiver werden. Durch eine Hinwendung nach innen in einen psychischen Bereich der Empfindungen und des Mitgefühls dürfen ihr wirtschaftlich in der Welt aber keine Nachteile entstehen. Die Verpflichtung zu einer verlässlichen Partnerschaft könnte die Lösung sein.

In einer solchen Verbindung könnte eine Frau es wagen, sich der Quelle allen Lebens anzunähern. Diese Quelle benennen Theologen mit dem Heiligen Geist, dem Vater im Himmel oder kurz dem Vater. Könnte es nicht sein, dass dieser Vater oder dieser männliche Geist für den Jungen wichtig ist, um zum Mann zu reifen?

Immerhin spricht eine Beobachtung, die mancher im Leben vielleicht schon mal gemacht hat, dafür: Ein männlicher Mann verändert eine Frau und macht sie weiblicher und schöner, und eine weibliche Frau verändert einen Mann und macht ihn männlicher und stärker, beides bedingt sich.

Elfie Horak

Homepage: www.elfie-horak.de

 

 

 

 

 

 

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